Die Freie Demokratische Partei im Landkreis Gifhorn
1945/46 bis 2002

zurück zum Inhaltsverz. 5.0 Der Zeitraum vom 27. September 1964 bis zum 31.Oktober 1972

Ab 1964 war die Zeit der Einzelkämpfer für die FDP vorbei, wenn es auch oft  mit Gruppen oder Fraktionen von nur zwei Mitgliedern schwere Arbeit im Kreistag war.

Die am 27.09.1964 in den Kreistag gewählten vier FDP-Abgeordneten waren Ewald Gries aus Schönewörde, Friedel Kuhls, Heidesee Gifhorn, Otto Hacke, Ahnsen und Wilhelm Bormann aus Almke. Obwohl Wahlergebnisse nicht vorliegen, kann man eine Stimmenzahl von etwa 10 % für vier Abgeordnete annehmen.

Wenn die Erinnerung nicht täuscht, waren seinerzeit schon, jedenfalls aber später, Ewald Gries, Otto Hacke und Wilhelm Bormann Bürgermeister ihrer Dörfer, Friedel Kuhls dazu ein hier in Gifhorn bekannter Mann. Mit den vier Abgeordneten waren die Landwirtschaft, das Handwerk und auch die Kaufmannschaft vertreten.

Über das Wirken wird im Einzelnen nichts aus Unterlagen bekannt, aus späteren Erzählungen und persönlichen Gesprächen ging aber hervor, dass man erheblich Einfluss hatte und nahm. So war man bei der damals stattfindenden Wahl des neuen Oberkreisdirektors Wandhoff maßgeblich beteiligt.

Für den FDP-Kreisverband aber war diese Zeit mit entscheidend. Man kann die vier Abgeordneten nicht mehr fragen, aber sicherlich brauchten sie bei den damals noch wenigen oder schwierigen Fahrmöglichkeiten und knapper Freizeit jemanden, der die geldlichen und organisatorischen Dinge der FDP regelte. Neben Friedel Kuhls war das in Gifhorn, wohin sich jetzt alles konzentrierte, der damalige Rechtsanwalt Trittel, der bis 1967 als "Kreisvorsitzender" genannt wird. Wann und wer ihn wählte, ist aus den früheren Akten, die zum großen Teil verschwunden sind, nicht mehr zu entnehmen.

In den Schwerpunktsbereichen der Städte und Ortschaften hatte sich in der Zeit nicht Wesentliches geändert. Aus dem Gebiet Hankensbüttel/Wittingen kam nun Ewald Gries als Kreistagsabgeordneter aus Schönewörde, dort auch eher ein Einzelkämpfer. 1961 war Fritz Matzantke, Fahrlehrer aus Wittingen, eingetreten, aus Tülau-Fahrenhorst kam 1964 Wilhelm Steding, Kaufmann.

Großer Werbeträger war sicherlich der bekannte Landwirt und Reiter und, soweit bekannt, auch Jäger Wilhelm Bormann aus Almke. Vielleicht durch ihn oder durch seinen Bekanntheitsgrad kamen 1964 auch der Landwirt Ernst Knigge aus Allenbüttel, 1965 der Landwirt, Jäger und Reiter Ernst-Dieter Meinecke, Barwedel. Das brachte zwar nur punktuelle Erweiterung, aber eben mehr Bekanntwerden der FDP durch tüchtige und anerkannte Mitbürger.

Der Bereich Meinersen war um 1964 und die folgende Zeit bis 1974 benannt als Ortsverband Päse-Böckelse. Ein altes, noch vorliegendes Kassenbuch nennt für 1964 dort 21 Mitglieder, u.a. Emil Sommerfeld, Heinrich Grotewohl (Böck.), Ernst Schlüter, Gustav Wiegmann, Heinrich Brokelt, Joh. Jäger, Hans-Heinrich Wolf, Heinrich Wrede, Heinz Seban, Friedrich Ebeling, Otto Voges, Otto Pahlmann, Uwe Behn, Willy Schünemann, Dr. Hermann Dietrich Wöbbecke, Frau Grotewohl (Böck.)[6].

Der Kreistagsabgeordnete und Bürgermeister Otto Hacke aus Ahnsen war damals treibende Kraft des Schulzweckverbandes in Meinersen, wodurch auf dem Gajenberg Meinersen/ Ahnsen das Schulzentrum entstand. Zusammengeschlossen wurden da die Bereiche Meinersen, Seershausen, Ahnsen und Päse. Hinzu kam dann das gemeinsame Freibad an gleicher Stelle.

Ganz erheblich verstärkt war nun aber das Gifhorner Gebiet für die FDP. Mit Friedel Kuhls war ein rühriger Mann für sein Geschäft, die Heideseegaststätten, und für die Allgemeinheit tätig. So sind neben dem 1.Kreisvorsitzenden Trittel der ihm in diesem Amt folgende Hans-Günther Seifert, damals Oberstudienrat am Otto-Hahn-Gymnasium und viele weitere Mitglieder bekannt: Heinrich Lüdde, Kästorf (1963), Elfriede Schiele (1964), Dr. Hermann Warnecke (1968), Otto Liedtke (1972), Dietrich Fischer (1972), Eva Matthiesen (1972), Lilli Beyer (1973), Günter Meinecke (1973), Gisela Warnecke (1973).

Damit sind wohl nicht alle erfaßt, da diese Kenntnisse aus einer späteren Mitgliederliste stammen.

Wo Friedel Kuhls meinte frei denkende und wirkende Menschen zu sehen, da erschien er. So auch bei Werner Grusdt in Flettmar, der schon seit 1964 als Ratsherr und später stellvertretender Bürgermeister tätig war - ohne Parteizugehörigkeit. Bevor er 1969 einen Eintritt in die FDP unterschrieb, nahm er an mehreren Zusammenkünften der FDP im Landkreis teil, offizielle Sitzungen waren das gar nicht. Eines aber wurde ihm und vor allem Hans-Günther Seifert klar: Diese Gruppe war nicht recht organisiert, es gab keine Verbände im Kreis und Ort, keine Mitgliederlisten und geordnete Beitragslisten, ein etwas loser Verbund, in dem die Kreistagsabgeordneten über die Ereignisse im Kreistag berichteten. Sie waren ihrer relativ großen Anzahl und Wichtigkeit wegen ganz angesehen, darum bestand Einfluß, dadurch auch Zulauf.

Das wurde auch besonders in der Kommunalwahl vom 29.09.1968 deutlich. Es wurde bis 1972 eine eigenartige Zeit des Zuspruchs, des Auseinandergehens, aber insgesamt eine Zeit der Festigung, wenn es auch nach außen hin nicht so schien.

Zu Gifhorn gehörte auch ein Parteifreund Beuch, der damals auch die Geschäfte des Bezirksverbandes führte. 1965 und später war er sehr aktiv bis etwa 1967/69.

Ein weiterer sehr aktiver Parteifreund war in Gifhorn Gerd de Groot, der dem Kreisvorsitzenden in den Jahren um 1970, aber auch schon vorher, sehr bei der Werbung beistand.

Im Jahre 1967 übernahm Hans-Günther Seifert, Gifhorn,  den Kreisvorsitz. Eine Vorstandsriege im derzeitigen Sinne gab es kaum. Er setzte sich etwa 10 Jahre lang mit großer Kraft für die FDP ein, leitete auch den Stadtverband Gifhorn und war seit der Zeit Ratsherr in Gifhorn während vieler Jahre. Hervorzuheben ist schon an dieser Stelle, dass ihm für seine kommunalpolitischen und parteiwirksamen Verdienste 1992 die "Theodor-Heuss-Medaille" der Bundespartei verliehen wurde (Abbildung 6).

Abbildung 6: Hans-Günther Seifert feiert 70. Geburtstag. (Zum Abb.-Verzeichnis)



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5.1 Die FDP im Kreistag

Eine ganz besondere Situation ergab sich bei der Kommunalwahl 1968, als für die FDP fünf Abgeordnete in den Kreistag einzogen. Um den Hotelier Friedel Kuhls aus Gifhorn, die zu dieser Zeit starke Figur der FDP im Kreis, hatten sich Heinrich Tietz, (Versicherungskaufmann) Brome, Hermann Hussmann (Landwirt) aus Rethen, Ernst Janze (Landwirt) aus Edesbüttel und Wilhelm Bormann (Landwirt) aus Almke geschart. Dabei war Wilhelm Bormann als Bürgermeister seines Ortes (wie auch Janze und Hussmann) ein großer Organisator für die FDP im Hasenwinkel, der bis zum 30.06.1972 noch zum Landkreis Gifhorn gehörte. Mit dem Wegfall dieses Teiles gingen der FDP sehr viele Wählerstimmen verloren. Ab dem 01.07.1972 nahm Bormanns Sitz der ebenfalls sehr angesehene Ernst-Dieter Meinecke (Landwirt) aus Barwedel ein.

Sicherlich hatten diese Parteifreunde damals großen Einfluss auf das Geschehen im Kreistag – Berichte aus der Zeit liegen aber nicht vor. Und doch geschah etwas Eigenartiges – vielleicht aber auch Nahe Liegendes: Man kümmerte sich auf CDU- Seite ganz angelegentlich um die Kollegen der FDP- Fraktion. Wilhelm Bormann blieb in der Partei, schied aber aus dem Kreistag aus. Auch Ernst-Dieter Meinecke hat die Partei nicht verlassen. Er wurde aber im Oktober 1972 nicht wieder gewählt. Jedoch traten die vier anderen im Laufe der letzten Wochen und Monate des Jahres 1972– genaue Daten liegen nicht vor – zur CDU über und bei der bevorstehenden Kommunalwahl nicht mehr für die FDP an.

Da gab es sicherlich Gründe geschäftlicher und gesellschaftlicher Art. Man hat in Verbindung mit der CDU im Landkreis Gifhorn eine größere Klientel. Für Bürgermeister von Gemeinden versprach eine Zugehörigkeit zur Mehrheitspartei im Kreistag wohlwollendere Untersuchung diverser Anträge auf Straßen, Dorfgemeinschaftseinrichtungen, Sportbauten.

Andererseits gab es Lichtblicke und Trotzwiderstand bei denen, die in der FDP aus Überzeugung waren und blieben. In Gifhorn waren es Hans-Günther Seifert – der auch mit Sicht für den Kreisbereich – und Dr. Hermann Warnecke .

Beide wurden ihrer großen Bemühungen wegen dann bei den folgenden Kommunalwahlen auch in den Gifhorner Stadtrat gewählt.

Auch in den Außengebieten gab es neue Mitstreiter, die sich die ziemlich einseitige Politik und Verwendung aller Mittel nach nur landwirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr ansehen wollten. Es ging noch gar nicht um Parteipolitik.

In Flettmar z.B. übernahm Werner Grusdt das Amt des Bürgermeisters und Gemeindedirektors. Er war zwar seit 1969 Mitglied der FDP, es ging aber auch in Flettmar nicht um und mit Parteipolitik. Man wählte dort mit einer gemeinsamen Liste, auf der Parteimitglieder aller damaligen Parteien kandidierten. Es ging um mehr Öffentlichkeit in Sachfragen, um klare Haushaltsaufstellung und Durchführung für alle Ratsmitglieder und Bürger. Erstmals gab es Fragestunden für die Bürger nach jeder Ratssitzung zu allen Themen.

Mit diesen Voraussetzungen wollten die FDP-Freunde 1972 im Oktober zur Kreistagswahl antreten. Aus dieser Zeit liegt leider nur eine Werbeschrift vor. An ihr wird gezeigt, wie die FDP in diesem Bereich seinerzeit aufgetreten ist, was man erreichen wollte (Abbildung 7).

Auch der bundespolitische Einfluss spielte damals mit. Es gab 1972 die sozialliberale Regierung Brandt/Scheel, SPD und FDP, also nicht mehr nur das Übergewicht der konservativen Parteien, obwohl die FDP sich in diesem Bereich doch mehr zu den Konservativen zählte.

Dieser bundespolitische Einfluss war und blieb bis über das Jahr 2000 hinaus im kommunalen Bereich sehr, manchmal sogar entscheidend wirksam; bei der verhältnismäßig geringen Wählerdurchschnittszahl von ca. 5 % der Wählenden war das Grund für die schwachen Wahlergebnisse in Bund, Land und Kommunen für die FDP. Die Stammwählerzahl wuchs nicht oder kaum, da die positiven Aktivitäten der Liberalen von der eigenen Partei nur schwer als ihre Leistung deutlich machen konnte. Dafür kosteten politische Gegner und auch Presse und Medien Negativa weidlich aus. Als dritte Kraft zwischen SPD und CDU/CSU wurde jeweils FDP im Verhältnis zu den "Großen" gemessen – natürlich stand im positiven Vordergrund meistens die derzeitige Mehrheitspartei. Darum war man im FDP-Kreisverband Gifhorn nicht ausgesprochen für oder gegen die eine oder andere Partei, man war bestrebt, er absolute Mehrheit zu verhindern. Nur das kann einseitige Sichten verhindern und Überlegungen in vielfache Richtungen zum Vorteil der Kreisbewohner oder Gemeindemitglieder befördern.



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